Der Redewettbewerb „Sag’s Multi“ gibt Einblick in den unglaublichen Schatz der Mehrsprachigkeit. Eine Liebeserklärung.
Seit April lenkt die diesjährige Ausgabe von „Sag’s Multi“ die Aufmerksamkeit auf die Internationalität und Diversität junger Menschen in Österreich. Es ist eine bunte Realität – und ich finde, sie macht Mut in diesen Zeiten.
Fast 400 Schüler:innen waren von ihren Schulen für den Redewettwerb des ORF (seit 2020 ist er Veranstalter) nominiert worden. 168 Schüler:innen qualifizierten sich, um vor der TV-Kamera Position zu beziehen. 38 Sprachen waren da in der Kombination mit Deutsch zu hören, in jeder Rede muss mehrmals zwischen den Sprachen gewechselt werden.
Die Mehrsprachigkeit der Teilnehmer:innen stärkt ihre Inhalte. Reden haben das Ziel zu gestalten, zu bewegen, zu verändern. Diese jungen Menschen bewegen das Publikum – selbst wenn dieses die zweite Sprache nicht versteht. Ihre Redekunst ist ein inspirierender Mosaikstein der bestehenden Vielfalt im Land.
Herzenssprachen. Diese bunte Vielfalt wird von manchen als bedrohliche, dunkelschwarze Wolke gefühlt. Österreichweit wachsen über 30 Prozent der Schüler:innen in einer mehrsprachigen Familie auf. In den Städten ist der Prozentsatz deutlich höher. In Wien liegt er im Schnitt bereits nahe der 60 Prozent.
Immer wieder zeigt sich, wie eng Sprache und Identität zusammenhängen. Ich verwende daher ergänzend zum Begriff Erstsprache gerne die Bezeichnungen Familiensprache oder Herzenssprache.
Fast 80 Prozent der Teilnehmenden stammen aus einer Familie mit Zuwanderungsbiographie. Und gerade in ihren Reden wird deutlich, wie sehr Lebenswege die Resilienz, den Blick auf Zusammenhänge globaler Herausforderungen mitprägen und festigen.
„Sag’s Multi“ lädt ein, das Zuhören zu entdecken und zu kultivieren und der Verlockung, dem Reflex, der schnellen Bewertung, der überhasteten Einordnung in eine Schublade zu widerstehen.
Eine Gelegenheit, den eigenen Blickwinkel über territoriale, sprachliche, weltanschauliche Grenzen hinaus zu erweitern.
Sechs bis acht Minuten dauert eine Rede, deutlich länger als die schnell getakteten Beiträge auf den Sozialen Medien.
Akzente setzen. Es ist ermutigend, was diese wortgewandten Schüler:innen sagen. Wie sie für Demokratie und Menschenrechte eintreten, für Frauen- und Kinderrechte, wie sie sich mit den Themen Bildungsgerechtigkeit und Klimakatastrophe auseinandersetzen oder den Chancen und Gefahren neuer Kommunikationstechnologien.
Die Redner:innen von „Sag’s Multi“ können zudem Vorbilder für Gleichaltrige sein um ihre Mehrsprachigkeit zu schätzen und an ihr zu arbeiten. Und für Erwachsene sind die Reden eine – oft auch unbequeme – Einladung sich den Perspektiven junger Menschen auszusetzen. Denn: wer diesen jungen Menschen nur für ihre Mehrsprachigkeit auf die Schulter klopft, der hat die Botschaft des Wettbewerbes noch nicht ganz verstanden.
Peter Wesely, langjähriger Journalist und Pressesprecher, hat den Wettbewerb 2009 erfunden und ihn seither begleitet. Die „Sag’s Multi“-Beiträge sind nachzusehen in der ORF TV-Thek: sagsmulti.orf.at
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